Paul Ehrhardt (März 1894 – Juni 1899)

Nach der öffentlichen Ausschreibung der Bürgermeisterstelle erreichten 49 Bewerbungsschreiben das Damgartener Rathaus. In den engeren Auswahlkreis gelangten an erster Position und damit Favorit des Magistrats der gegenwärtig als Stadtsekretär in Pritzwalk tätige 32jährige Paul Ehrhardt, an zweiter der Polizeisekretär Wilhelm Krüger (Wittenberge) und an dritter Stadtsekretär Waldemar Pilz (Biesenthal).

In seinem Lebenslauf schrieb Paul Ehrhardt: „Am 14. Juli 1861 bin ich hierselbst geboren und evangelischer Religion. Meinen Schulunterricht erhielt ich in hiesiger Mittelschule, deren 1. Klasse ich 3 Jahre hindurch – 2 Jahre als primus omnium. besuchte. Daneben erhielt ich durch den Rektor Privat-Unterricht. Nachdem ich mich vor der Königlichen Prüfungs-Kommission der Realschule I. Ordnung zu Perleberg einer Prüfung unterworfen und das zum Eintritt in den Justiz-Büreaudienst erforderliche Befähigungs-Zeugniß erhalten, trat ich bei der damaligen Königlichen Kriegsgerichts-Kommission hierselbst ein, verließ diese Stellung aber 1879 wieder und trat zum Kommunaldienst über, welcher mir mehr zusagte und bessere Aussicht bot. Nach kurzem Vorbereitungsdienst in der hiesigen städtischen Verwaltung wurde ich 1880 zum Polizeisekretär hierselbst bestellt, als welcher ich auch die Amtsanwalts-Büreaugeschäfte zu erledigen hatte. Seit (März) 1884 bin ich als Stadtsecretair hierselbst angestellt und fungire zugleich als Stellvertreter des Amtsanwalts beim Königlichen Amtsgericht hier. Während einer nahezu einjährigen Vacanz der Bürgermeisterstelle habe ich sämmtliche Arbeiten selbstständig erledigt, auch in dieser Zeit wie später die Geschäfte des Amtsanwalts selbstständig geführt. Längere Zeit hindurch war ich ferner stellvertretender Standesbeamter. Nebenher habe ich einige Jahre lang die Vertretung auswärtiger Rechtsanwälte vor hiesigem Gericht geführt. Ich bin verheiratet und habe eine Tochter.“ Um einen möglichst umfassenden Eindruck von den Fähigkeiten des Kandidaten zu gewinnen, wandte sich der Damgartener Magistrat Anfang Oktober 1893 mit der Bitte um Beurteilung an den ehemaligen Vorgesetzten. Der Bürgermeister aus Pritzwalk äußerte sich sehr wohlwollend zu Ehrhardt und charakterisierte ihn bereits 1892 (ein Schreiben, das der Bewerbung beilag) als einen „mustergültige(n), tüchtige(n) und treue(n) Beamte(n)“. Er gewann während seiner Tätigkeit viel praktische Erfahrung und besitzt „die Kenntniß der einschlägigen Gesetzgebung und, was wichtiger ist, auch das richtige Verständniß für dieselbe“. Abschließend resümiert seine ehemaliger Arbeitgeber: „Bei seinem rechtschaffenen Character, seiner Freundlichkeit im Verkehr mit dem Publicum muß ich Herrn Ehrhardt das Zeugniß aussprechen, daß er nach jeder Richtung hin befähigt und berufen ist, das Amt des Bürgermeisters in einer Stadtgemeinde bis zu 5000 Einwohnern mit Erfolg und zum Besten der Commune zu führen“. In einem Schreiben aus dem Oktober 1893 lobt der Magistrat in Pritzwalk, dass Ehrhardts „practische Durchbildung weit über das gewöhnliche Maaß hinaus reicht“.

Nach den kritisierten Fehlgriffen bei der vorangegangenen Bürgermeisterwahl holten jetzt auch einige Mitglieder des Magistrats (bestehend aus Bürgermeister Plewka und den Senatoren Dresen, Engel, Frahm und Samuel) ihrerseits ergänzende Informationen zu Ehrhardt ein. So wandte sich Senator Engel an den Vorschuss- und Creditverein in Pritzwalk. Am 12. Oktober erreichte eine sehr wohlwollende Antwort den Senator. Man versicherte, dass Ehrhardt „sich des besten Leumunds“ erfreue und „wegen seines sachgemäßen, freundlichen und bescheidenen Verkehrs mit dem Publikum allgemein beliebt ist“. Beim Senator mussten sich Zweifel an der gesundheitlichen Verfassung des Kandidaten gemeldet haben, denn man antwortete: „(…) wenn (Ehrhardt) auch nicht körperlich besonders kräftig (sei), so ist er doch durchaus gesund und von ansprechender Figur“. Senator Samuel holte seinerseits weitere Informationen bei „Ed. Linde“ in Pritzwalk ein. Bedenkliches suchte man hier ebenso vergeblich. Von „eine(m) soliden und vernünftigen Menschen“ war die Rede, von einer „gewinnenden Weise“ im Zwischenmenschlichen und „allgemeiner Achtung“. Aber selbst in diesem Schreiben war die gesundheitliche Verfassung ein Thema. Linde beruhigte: „(…), schwächlich gebaut, aber gesund“.

Diesmal bewertete der Regierungspräsident die Besetzung der Bürgermeisterstelle mit dem an erster Stelle vorgeschlagenen Ehrhardt als „sehr günstig“. Er entschied sich abschließend für Ehrhardt, der am 28. Oktober 1893 zur Vorstellung nach Damgarten fuhr. Die offizielle Amtseinführung unter Anwesenheit der beiden städtischen Körperschaften sowie der städtischen Beamten erfolgte am 16. März 1894. Die Bestellung Ehrhardt wurde verlesen, woraufhin die Leistung des Staatsdienereides zu erfolgen hatte. Weil Ehrhardt diesen Eid bereits bei seiner Einstellung als Stadtsekretär in Pritzwalk geleistet hatte, begnügte man sich nun mit einer per Handschlag bestätigten Erneuerung des Eides. Zum Ende der Amtseinführung wurden dem neuen Bürgermeister symbolisch die Siegel und Schlüssel der Stadt übergeben.

Ehrhardt blieb für fünf Jahre erster Mann in der Damgartener Verwaltung. Zu Beginn des Jahres 1899 war eine Bürgermeisterstelle im anhaltinischen Ziesar frei geworden. Ehrhardt muss sich auf diese Stelle beworben haben, denn am 23. März 1899 wählte ihn die dortige Stadtverordnetenversammlung einstimmig zum neuen Bürgermeister. Er reiste in diesen Wochen wiederholt für mehrere Tage „in eigener Angelegenheit“ nach Pritzwalk und Ziesar. Am 26. April erhielt Ehrhardt die Bestätigung des Regierungspräsidenten in Magdeburg. Damit war der Abschied aus Damgarten beschlossene Sache. Die Damgartener Körperschaften beschlossen am 2. Mai ihren Bürgermeister zum 1. Juli von seinen Amtspflichten zu entbinden. Erst danach wandte sich Ehrhardt an die Regierung in Stralsund mit der Bitte, die Amtsniederlegung zu genehmigen. Die Genehmigung wurde mit der Auflage erteilt, zu erklären, wer die Vertretung nach dem Abschied Ehrhardt übernehmen wird. Schnell fand man in Damgarten eine Regelung, die alle zufrieden stellte. Bis zur Amtseinführung eines neuen Bürgermeisters übernahm Senator Dresen ab 1. Juli die Vertretung im Hauptamt und Stadtkassenrendant Bernsee selbige im Standesamt. Jan Berg

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