Eine kurz erzählte Geschichte dreier Geschwister

Geschwister Widerwillen? Ribnitz, Damgarten und ein adliges Kloster in acht Jahrhunderten.

Die Soziologin Anne Bernstein hätte unser heutiges Gemeinwesen, bestehend aus den Städten Ribnitz und Damgarten und dem einst selbstständigen Kloster Ribnitz vielleicht als Patchworkfamilie angesprochen. Die unterschiedlichen Eltern der nun überaus betagten Kinder sind lange tot, doch die Stiefkinder leben - leben heute einträchtig bei- oder besser miteinander.

Ich darf Ihnen diese, nennen wir sie Familienmitglieder, vorstellen.

Etwas ausführlicher die Ausgangssituation - wie sind sie geworden und immer einige Blicke darauf, wie sind sie miteinander umgegangen und zum Abschluss, - wie haben sie zueinandergefunden?

Will ich chronologisch vorgehen, so muß ich mit Ribnitz beginnen, obgleich ehrlicherweise schon zum Anfang gesagt werden muß, das genaue Datum der Fundation der Stadt ist nicht mehr zu ermitteln. In den Jahren 1384 und 1455 brannte die ganze Stadt, mit Ausnahme des Klosters, nieder und sämtliche Briefschafften gingen verloren, so daß die Stadt keine alten Urkunden besitzt. Das älteste Stadtbuch beginnt mit dem nächsten Jahre nach dem großen Brand, 1456.

Das Ribnitz 2008 die 775-Jahrfeier beging, ist einer guten, auf die heutige Sicht auch weise vorausschauenden pragmatischen Festlegung des sehr verdienten Stadtchronisten Paul Kühl zu verdanken, der hier eine Urkunde aus dem Jahre 1233 zugrundelegte. Ohne die künftige Entwicklung nur zu ahnen, hat er so die Grundlage für alle nun leicht zu begehenden Doppeljubiläen der Städte Ribnitz und Damgarten geschaffen, besitzt doch Damgarten eine wirkliche Gründungsurkunde auf das Jahr 1258 und so kann mit festtauglichem Abstand von 25 Jahren immer gemeinsam gefeiert werden.

 

Doch zurück zu Ribnitz,

In der alten 1227 entstanden Herrschaft Rostock gelegen, gehört Ribnitz zu einer der vier, neben Kröpelin, Sülze und Marlow hier durch die Landesherren gegründeten Städte. An der alten Handelsstraße entlang der Ostseeküste, von Lübeck über Rostock nach Stralsund und weiter in den Osten, entsteht wohl zu Beginn des 13. Jh. eine Burg zum Schutz des nahe gelegenen Passes. Die sumpfige Flußniederung ist Jahrhunderte lang nur über diesen Paß zu durchqueren. Der nächste weit weniger günstige Übergang über die Reckritz war zwischen Sülze und Tribsees zu suchen und ein dritter bei Demmin.

Hans Heinrich Klüver ist sich 1737 in seiner Beschreibung von Mecklenburg noch sicher: Die Stadt hat Waldemarus, Herr zu Rostock, Anno 1271 fundiret und mit herrlichen Besitzungen, Freyheiten, Eigentümern, Gericht und Gerechtigkeiten begnadiget.

Die angesprochene Urkunde aus dem Jahre 1233 kennt er nicht. Sie ist nur in einem Exzerpt in der von Daniel Clandrian im späten 16. Jh. angefertigten und ins damals gebräuchliche Deutsch übertragenen Urkundensammlung, überliefert. Bischof Brunward von Schwerin verleiht „aus der Stadt Ribnitz alle Zehenden, so dem Bischoffe von den bawleuten (meint Siedler) zukommen.” Dies wäre jedoch der einzige Fall, in dem aus der Feldmark einer mecklenburgischen Stadt ein Bischof den Zehnten verleiht. Karl Hoffmann hat schon 1930 darauf hingewiesen, das Clandrian hier wohl die im lateinischen Original mit urbs bezeichnete damals nachweisliche fürstliche Grenzburg Ribnitz fälschlich schon als Stadt Ribnitz deutete. Das Privilegium Waldemars von 1271, welches bis dahin für die Fundationsurkunde gehalten wurde ist jedoch wohl nur die Bestätigung bereits verliehener Rechte, denn schon im Jahre 1257 berichtete der Rath der Stadt Rostock an den Rath von Lübeck, daß sich die Bürger zu Ribnitz (burgenses de Rybeniz) des lübischen Rechtes bedienten. So muß die Verleihung des Stadtrechtes zwischen 1233 und 1257 erfolgt sein. Der Name Ribnitz - Fischort - ist slawischen Ursprungs und verweist möglicherweise schon auf ein auch in archäologischen Funden nachzuweisendes slawisches Fischerdorf als Vorgänger der neben diesem planmäßig angelegten Stadt. Der Name Ribnitz wird in einer Urkunde des Klosters Doberan ein erstes mal im Jahre 1192 genannt.

 

In der Frühzeit mag manches noch beschaulich zugegangen sein, Spaten- und Pflugspuren belegen, dass im 13. und frühen 14. Jh. auf dem Markt sogar Garten- und Ackerbau betrieben wurde. Diese Spuren haben sich in kleinräumigen Bereichen besonders in der Nordhälfte über Hunderte von Jahren im Boden erhalten und wurden im Rahmen der archäologischen Untersuchungen 2007 wieder aufgedeckt. Weiterhin wurde auf dem freien Platz mitten in der Stadt Buntmetall geschmolzen und in Formen gegossen. Dies geschah in kleinen ovalen, mit Lehm ausgekleideten Öfen. Die Größe der Gussgruben läßt vermuten, dass hier in der Nähe von der St. Marien Kirche einst Glocken oder auch Taufbecken hergestellt wurden. Der Baubeginn der Stadtpfarrkirche St. Marien wird um 1230 gewesen sein. Von diesem, bis 1250 in spätromanischen Formen errichteten Backsteinbau haben sich im Westteil der Kirche aussagekräftige Details, wie Lisenen und rundbogige Zwillingsfenster, erhalten.

In der zweiten Hälfte des 13. Jh. beginnt man mit der Errichtung einer Ringmauer und einer Wallanlage um die Stadt, im Osten zur Grenze nach Pommern entsteht sogar eine doppelte Wallanlage mit einem ebensolchen doppelten Tor. All dies ist bis auf wenige Reste im 19. Jh. abgetragen worden. Heute findet man lediglich einen kleinen Wallabschnitt hinter dem Kloster und das westliche Stadttor aus dem Anfang des 15. Jh. für dessen Erhalt schon 1878 Bürgerwillen zu kämpfen begann. In den 1960er Jahren war seine Sprengung schon beschlossene Sache und konnte nur durch in dieser Zeit so kostbare Zivilcourage gerettet werden.

 

Das Zweite Kind ist etwas jünger und um vieles eindeutiger einzuordnen. Die Stadt Damgarten entsteht als fester Verteidigungsort an der Grenze zu Mecklenburg.

Der pommersche Chronist Thomas Kantzow (geb. um 1505 Stralsund, gest. 1542 in Stettin) schreibt über die Gründung des Rügenfürsten Jaromar II: De sülffe Jaromar heft ock im Jar 1258 Krich gehat, mit den Fürsten von Mekelborgk (unbewust uth wat Orsaken) und heft do den Torn tho Damgarden gebuwet. (also den Turm mit Verteidiugngsschanze) Unde alse de Krych gelegert und sick dar etliche Lude nedeergesettet hadden, dat sick ansehen liet, dat mit der Tid eine Stat dar werden mochte, heft he dem Flecken Statrecht gegeven, wowol id nicht althoser sodder gedehen.

Die Bewidmungsurkunde Jaromars von 1258 ist bis 1772 in regelmäßigen Abständen bestätigt worden und schmeichelt der Stadt so manches Privilegium vor. Neben der Aufzählung der der Stadt zugedachten Länderein, wird den Bürgern freie Fischerei von der Stadt Damgur bis nach Barth zugedacht und ihr das gemeine Recht, wie sie es in Lübeck und Stralsund haben, verliehen. Die Bürger sind von allen Beden und anderen Pflichten befreit und jeder Bürger ist für das was er verkauft oder kauft im Fürstentum Rügen von der Zollzahlung immer befreit. Jaromas Schenkungen sind jedoch zumeist von Anbeginn nur in Aussicht gestellte Güter, Pütnitz hatte zum Beispiel schon Jaromars Vater Witzlaf I. dem Domkapitel zu Ratzeburg vermacht. 1261 verfügt das Domkapitel dann über dieses Gut selbst und verleiht Pütnitz Eccard von Dechow zum Lehen, dessen Nachkommen es mit kurzen Unterbrechungen bis zum Ende des 18. Jhs. besitzen werden, in weiblicher Linie sogar bis 1945. Ähnlich verhält es sich mit der zugesagten Fischereifreiheit, die immer wieder zu Auseinandersetzungen mit den Mecklenburgern führt, sehen diese doch die Damgartener im Unrecht und ihre Landesgrenze auf dem Damgartener Ufer der Recknitz. Die Ribnitzer verweisen auf die Bewidmungsurkunde Waldemars von 1271. Die Damgartener folgen dem alten Rechssatz, daß die Mitte des Flusses die Grenzlinie markiert. Eine 1546 getroffene erste Einigung der Räte beider Städte scheitert schon nach wenigen Jahren. Besonders der von Dechow fischte immer wieder in unerlaubten Gewässern. 1552 kommt es zu ernsthaften Auseinandersetzungen und Schlägereien bei denen ein Ribnitzer getötet wird. Die Damgartner beerdigen ihn auf ihrem Friedhof, als die Ribnitzer die Herausgabe der Leiche fordern, kommt es zu einem Vergleich. 1591 entscheidet ein in Malchin geschlossener Grenzrezeß, daß der Fluß halb mecklenburgisch, halb pommersch sei und so ist hier erst einmal Frieden. Den Ribnitzern bleibt jedoch die Fischerei im Binnensee allein vorbehalten. Diese Regelung bleibt bis 1842 in Bestand.

Über die Paßbrücke erfahren wir in der Urkunde Jaromars nichts. Sie wird 1286 von den Brüdern Heinrich und Herrmann von Dechow für 70 Mark Rostocker Münze an Ribnitz verkauft, warum sie nicht von Damgarten erworben wurde und wie die Dechower in den Besitz der Brücke kamen, darüber schweigen die Urkunden. Der Brückenzoll bedeutet nun eine ständige Einnahmequelle für die Stadt Ribnitz und die Kontrolle über den Paß. Damgarten fehlt von Anbeginn die materielle Grundlage sich entwickeln zu können, nahezu umzingelt von Gütern auf der einen und von der Landesgrenze auf der anderen Seite, kann die Stadt weder expandieren noch politisch handeln. Zu ihrer Befestigung muß ein Stadtgraben mit Wall und hölzernem Palisadenzaun genügen. Über den Zustand von Stadt und Rat will man sich 1570 durch eine Visitation informieren. Im daraufhin abgefassten Bescheid wird dem Rat nachdrücklichst eingeschärft, ordentlich Rechnung zu führen, statt, wie bisher geschehen in Krug und Stadtkeller übermäßig einzukehren, um der Stadt Einkommen unnützlich zu verbringen und zu versaufen. Es soll ein sachkundiger Ratsschreiber eingesetzt werden und die Kämmereiverwaltung soll sparsamer sein mit der Abholzung des Stadtholzes, wesentliche Maßnahmen müssen mit der Genehmigung des Hauptmannes zu Grimmen und Tribsees erfolgen. Man solle sich auch des Scheltens und Schmähens untereinander enthalten. Weiter wird die Besserung oder Erneuerung aller baufälligen Häuser angeordnet, damit die Stadt in gute Besetzung wieder komme.

Dann wird den Bürgern noch geraten sich mit Kriegsrüstungen und Rüstwagen und Wehren zu versehen und dies in guter Bereitschaft und Ordnung unverderbt zu halten. „Den Einwohnern wird ernstlich auferlegt, den Graben zu erneuern, namentlich nach dem Lande zu Mecklenburg zu bessern und zu räumen und aufzuwerffen, daß sie sich keines unversehnlichen Überlauffens oder Einfalls zu besorgen haben... sie sollen auch zwei Falkonette (leichtes Geschütz mit kleinem Kaliber)bei dem Gießer zu Greifswald förderlich fertigen lassen und sich an ihren Grenzen durch die Ribnitzer noch sonst keinen Impoß tun lassen...”

Der Dreißigjährige Krieg verwüstet die Stadt fast vollständig. Auch der Wehrturm Jaromars wird zerstört. In der Folge ist die Stadt ab 1648 schwedisch. Das Patronat der Stadtadtkirche liegt auf dem Gut Pütnitz. Das ist auch dessen Herren bewusst. 1707 nennt Karl von Dechow die Damgartener Kirche, selbstherrlich Pütnitzer Kirche, auch wenn ihm durch das Konsistorium in Greifswald diese Bezeichnung zu verwenden untersagt wird. Noch 1753 ermahnt die Kirchenbehörde den Damgatener Pastor, auch bei Strafandrohung durch den Patron, die Kirche keinesfalls als Pütnitzer Kirche bezeichnen zu wollen.

Das Kloster ist das jüngste Kind der Gemeinschaft und eine Art Sühnestiftung. Fürst Heinrich II. (1268-1329) war in den 1220er Jahren nicht nur mit den Seestädten Wismar und Rostock in Streit geraten, sondern focht auch lange Kämpfe mit dem Markgrafen Waldemar von Brandenburg um den Besitz des Landes Stargard aus. Der fürstliche Finanzhaushalt war infolge der Expansionsbestrebungen äußerst angespannt. So entscheidet sich Heinrich 1322 auch Geistliche in seinem Lande zu einer außerordentlichen Steuer heranzuziehen. Der Schweriner Bischof Herrmann von Maltzahn reagiert prompt, auch der Papst wird um Intervention gebeten und schließlich belegt Bischof Marquard von Ratzeburg den Fürsten und sein gesamtes Land mit Exkommunikation bzw. Interdikt. Heinrich erkennt die Gefahr einer politischen Isolierung, er besitzt nicht genügend weltliche Macht diesem Druck standzuhalten. 1323 gibt Heinrich alle die den Geistlichen vorbehaltenen Besitztümer wieder frei und bewirkt damit die Aufhebung des Anathemas. 1324 gelobt Heinrich die Stiftung eines Klosters. Den Ort dafür findet er in der ihm gehörenden bei Ribnitz gelegenen Burg, deren militärische Bedeutung durch den 1322 beschlossenen Damgartener Frieden zwischen ihm und Witzlaf III. von Rügen verloren gegangen war. Der Beichtvater Heinrichs war der Franziskaner und Lübecker Kustos, Dietrich von Studitz. Er hat sicher den entscheidenden Impuls für die Wahl des Klarissenordens für das Kloster gegeben. Studnitz wird auch erster Gardian des Klosters, dem stets ein kleiner Franziskanerkonvent zugeordnet war. In den Anfangsjahren hat Stutnitz damit zu tun, die von Heinrich zwar ausgelobte reiche Bewidmung für das Kloster diesem auch zuzuführen, da die finanzielle Ausstattung zum Ankauf der Güter durch Heinrich in keiner Weise ausreichte.

 Die ersten Nonnen kommen 1329 aus dem Klarissenkloster zu Weißenfels in der Kustodie Leipzig. Das Kloster wird von fürstlicher Seite großzügig bedacht. Heinrichs Tochter Beatrix ist nach zwei in ständigen Streitigkeiten mit dem Rat der Stadt Ribnitz aufgeriebenen Äbtissinen aus Weißenfels, die legendenumrankte erste fürstliche Äbtissin des Klosters. Seit Beatrix kommen die Äbtissinnen fast ausnahmslos aus dem mecklenburgischen Fürstenhaus, das seiner Lieblingsgründung stets große Aufmerksamkeit und zahlreiche Stiftungen widmet. Der Konvent setzt sich vornehmlich aus Töchtern des mecklenburgischen und pommerschen Adels sowie des Lübecker Patriziats zusammen, die oft schon im Kindesalter dem Kloster zur Erziehung und späteren Einkleidung übergeben werden.

Am 4. Februar 1330 wird die Klosterkirche zu Ehren des Hl. Kreuzes, der Apostel St. Petrus und Paulus, des Hl. Michael und aller Engel, zu Ehren der Hl. Drei Könige und der Hl. Katharina geweiht. Im gleichen Jahre erfolgt die Inkorporation der Stadtkirche St. Marien zu Ribnitz. Die Klostergebäude wurden im 17. und 18. Jahrhundert fast ausnahmslos abgerissen oder überbaut. Die Klosterkirche hat sich als einziger Bau der mittelalterlichen Klosteranlage bewahrt. In ihrer heutigen Gestalt wird sie im Jahre 1393 geweiht.

Die Legende gibt der Geschichte eine wunderbare Wendung. Sie macht Heinrich zu einem Teil der Heiligenvita seiner Tochter Beata. Heinrich hat einen schrecklichen Traum, ein Teufel zerrt seine Seele in die lodernde Hölle und nur ein Engel Gottes vermag sie ihm zu entreißen. Von dieser Warnung aufgeschreckt, läßt Heinrich davon ab, die Geistlichkeit des Landes mit Steuern zu belasten und gelobt die Stiftung eines Klosters.

Er schenkte dem Franziskanerorden nicht nur seinen Ribnitzer Hof und umliegende Ländereien für die Einrichtung eines Nonnenklosters, sondern gibt auch seine erst 4 Jahre alte Tochter Beatrix mit dazu. 1324 war sie, später im Kloster mit Vorliebe Beata, die Selige, genannt, geboren. Ihre Eltern hatten großes mit ihr vor, sie sollte den Rügener Fürstensohn Jaromar heiraten, als dieser jedoch bei Zeiten stirbt, bestimmt man sie für den geistlichen Stand. 1327 wird sie dem Vorsteher des Klosters Dietrich von Studitz übergeben und 1329 eingekleidet.

Was man von ihr weiß überliefert zumeist Lambrecht Slaggert in seiner Ribnitzer Klosterchronik. Er war fast 200 Jahre nach den Ereignissen um Beata, von 1522-1532 Beichtvater des Klosters. In seiner Chronik fasst er zusammen, was Urkunden und Berichte seiner Vorgänger überlieferten. So erzählt er auch von wundersamen Dingen, die sich schon in der Wiege er kleinen Beatrix ereignet haben sollen. An drei Morgen hinter einander lag das Kind nicht in der gewöhnlichen Kleidung, die man ihm abends angezogen hatte in der Wiege, sondern die Eltern fanden den Säugling in die graue Tracht der Klarissen gekleidet im Beffchen liegen. So war die Bestimmung für das Leben gegeben.

Sie wächst im Kloster auf und wird am 20. Mai 1349 zur Äbtissin gewählt. Die 25jährige ist eigentlich noch zu jung für dieses Amt, daher bedarf es einer päpstlichen Sondererlaubnis für ihre Wahl. Zu diesem Zeitpunkt ist man im Kloster jedoch schon des Lobes über sie voll. Slaggert berichtet, daß sie den andern Schwestern in aller Frömmigkeit und Demut, Gottes- und Nächstenliebe und Friedfertigkeit vorangegangen sei, so daß alle Schwestern in ihr ein gutes Vorbild und Beispiel empfangen haben. Die Imitatio des Lebens der Heiligen Clara scheint ihr zur Berufung geworden. Sie erreicht auch, sicher nicht ohne Hilfe ihres Bruders, des Herzogs Albrecht, der ihr stets zur Seite steht, daß die unglückliche Feindschaft zwischen Stadt und Kloster allmählich abebbt. Nach 50 Jahren, durch vielerlei Krankheit, oft in ihrer strengen Askese begründet, beschwert, legt sie ihr Amt nieder. Im Jahr darauf, am 5. August 1399 stirbt sie.

Slaggert schließt mit einem Wunder:,,Gott der Herr hatte bewiesen, wie lieb er sie hatte, durch Wunderwerke, die er bei ihr tat, ehe noch ihr Leichnam in der Erde bestattet wurde. Sie hieß Beata, daß bedeutet heilig, und sie übte sich in ihrem Leben in heiligen Werken und auch noch in ihrem Tod. Ein blinder Mönch stand an der Bahre auf der ihr Leichnam lag und rührte sie an. Er ist sehend geworden durch Beatas Fürbitte bei Gott.

Beata oder Beatrix wird lange Zeit im Kloster als Heilige verehrt, obgleich sie nie offiziell heilig gesprochen wurde. Sie fand auch Aufnahme in den noch heute gültigen Heiligenkalender der katholischen Kirche, so ist der Namenstag der Beate der 8. April geworden, in Erinnerung an Beata von Ribnitz.

Beatas Nachfolgerinnen stehen in ihrer Tradition. Der letzten Äbtissin Ursula, Tochter Herzog Heinrich V. kommt wie Beata vierjährig 1514 ins Kloster. Als 1538 fast der gesamte Konvent einschließlich seiner Äbtissin Dorothea an der Pest stirbt, wird Ursula Äbtissin des Klosters. Sie wird den Klarissenkonvent noch bis 1586 erhalten. Bereits 1572 war Ribnitz gemeinsam mit dem Klöstern Dobbertin und Malchow den Mecklenburger Ständen als „Jungfrauenkloster", modern gesprochen als nun evangelisches Damenstift versprochen worden. Ribnitz sollte jedoch erst nach dem Tode Ursulas übergeben werden. Die Herzöge verzögerten diese Entscheidung noch bis zum Ende des Jahres 1599.

Zumeist berichten Akten und Chroniken nur von Streitfällen, weniger von gutem Miteinander. Die Stiftung des Klosters bedeutete der Stadt Ribnitz eine ernsthafte Konkurrenz, waren doch bald alle umliegenden Güter in dessen Besitz und der politische Einfluß der herzoglichen Äbtissinen nicht zu unterschätzen. Heinrich gestattete den Klosterinsassen ausdrücklich sowohl für die Nonnen als auch für die dem Kloster zugeordneten Franziskanerbrüder jeweils eine separate Abortanlage über die Stadtmauer - wo immer es ihnen beliebe- anzulegen. Darüber hinaus sollten sie aus dem Stadtgraben durch die Stadtmauer hindurch drei Kanäle zum eigenen Nutzen abzweigen dürfen. Zu den ersten Baulichkeiten gehörte die Errichtung der Abortanlagen über die Stadtmauer. Ursprünglich schon 1324 begonnen, wurden sie aufgrund eines Einspruches des Ribnitzer Raters erst 1325 fertig gestellt. Kurz nach dem Tod des Klostersifters sah der Rat seine Stunde gekommen und ließ am Abend des 7. März 1329 in eienr Nacht- und Nebelaktion Dorch ere dener unde knechte der stadt..nedder wehren de 2 kameren privaten, wie Slaggert berichtet. In Ribnitz selbst durfte das Kloster kein Baumaterial erwerben. Als man es auswärts besorgte verweigerte der Rat die eingekauften Materialien in die Stadt einzulassen und mal ließ die Steine noch mindestens bis 1332 vor den Mauern der Stadt liegen. Es kommt in der Folgezeit immer wieder zu Privilegienstreitigkeiten und. Versuchen des Ribnitzer Rates, die Bürger der Stadt von Stiftungen an das Kloster durch Verbote abzuhalten. Gegen die Verleihung des Patronates über die Stadtkirche wehrten sich Rat und der Geistliche der Stadtkirche Werner von Axekow, selbst unterstützt durch den. Schweriner Bischof Johann Gans mit allen Mitteln. So dass Papst Johannes XXII. den Bischof zur Durchsetzung dieses Schrittes zwingen musste. Schließlich verwies der Papst präventiv auf das dem Franziskanerorden durch Honorius IV erteilte Privileg Ex parte vesta, durch das der Franziskanerorden alle seine Kirchen Bethäuser Altäre und Kirchhöfe durch jeden beliebigen anderen nicht zensurierten Bischof weihen lassen konnte wenn der zuständige Diözesanbischof nicht bereitstünde.

 

Auch zwischen beiden Grenzstädten gab es neben den ständig schwelenden Fischereirechts-konfliken immer wieder Auseinandersetzungen.

Handwerker beider Städte suchten sich auf den Jahrmärkten die Kunden abzujagen und die Ackerbürger und Fuhrleute waren bemüht, Holz und Baumaterialien nach dem Nachbarlande zu befördern. Beide Stadtbehörden liebten es, Strolche und andere unerwünschte Personen nicht auf dem regelmäßigen Wege beim Paß über die Grenze zu schicken, sondern auf geheime Weise über den Binnensee und die Recknitz dem Nachbarn zuzuschieben. Zeitweise blühten Salz- und Warenschmuggel, die Räte beschimpften sich als Stratenröwer, doch ist auch dann und wann von dem lieven Nachbarn die Rede.

Nach dem großen Stadtbrand 1759 in Ribnitz werden allerorten Spenden für den Wiederaufbau gesammelt. Der Herzog von Mecklenburg-Schwerin gibt 1000 Thaler, die Stadt Stralsund 300 Thaler und der Magistrat von Damgartenn immerhin noch 12 Thaler und 38 Schillinge. In schweren Jahren, wie zu Zeiten von Pest und Cholera halten die Nachbarstädte zusammen. Truppendurchzüge und Einquartierungen treffen beide gleichermaßen. Im 19. Jh. führt die Segelschiffahrt in beiden Städten zu einem Aufschwung. Vom beginnenden Tourismus können sie nur bedingt profitieren.

 Mit der Aufhebung des Klosteramtes wird das Kloster von 1920 bis 1929 zu einer eigenständigen Landgemeinde. Gemeindevorstand war nach dem Ausscheiden des lezten Küchenmeisters August Strasen die Domina des Klosters. Am 25. März 1929 beschließt der Landesverwaltungsrat, die Landgemeinde Kloster Ribnitz mit dem Stadtbezirk Ribnitz zu vereinigen.

Das Kloster erreicht im August 1929 aufgrund seiner schlechten Erfahrungen, vor allem mit dem Wohnungsamt der Stadt Ribnitz, den folgenden Nachtrag zur Vereinigungsbestimmung: „Die Einweisung von Zwangsmietern in die Häuser der Konventualinnen, sowie der früheren Klosterbeamten soll unterbleiben”, die Immobilien blieben ja weiterhin im Eigentum des Landes.

 

Als 1935 in Ribnitz die Walter-Bachmann Flugzeugwerke und in Pütznitz der Fliegerhorst entstehen bedeutet dies für beide Gemeinwesen einen erheblichen Zugewinn. Die Stadtgebiete werden über das bis dahin gekannte Maß hinaus durch neue Siedlungen erweitert, die der großen Zahl qualifizierter Arbeitskräfte ein damals modernes Zuhause bieten. Die auf den Krieg ausgerichtete Rüstungsindustrie bleibt jedoch ein Intermezzo und findet nach dem Ende des Krieges ein sofortiges Ende.

1950 werden die Städte Ribnitz und Damgarten zu einer Doppelstadt zusammengeschlossen. Diese Entscheidung ist zuerst eine politische, werden doch beide Teile durch die natürlichen Gegebenheiten nie zu einem einheitlichen Ganzen zusammenwachsen können. Mit der 1947 durch den Alliierten Kontrollrat beschlossenen Auflösung des Staates Preußen war auch der Weg zur „Einverleibung" des noch verbliebenen Teiles der Preußischen Provinz Pommern in das Land Mecklenburg geebnet. Die 1950 beschlossenen Änderungen von Kreis und Gemeindegrenzen brauchten so keinerlei Rücksichten auf historische Gegebenheiten zu nehmen. Der größte Teil der Bevölkerung des Landes bestand zu dieser Zeit ohnehin noch aus entwurzelten Flüchtlingen ohne regionale Bezugspunkte. Dieses Phänomen des Nicht mehr verwurzelt seins eines weiten Teils der Bevölkerung ist auch heute noch ein entscheidendes Problem bei der Beschäftigung mit Lokalgeschichtlichen Themen. Eine ideale Familie „Mustermann" kann es nur im Modell geben. Wichtig ist, daß Traditionen bewußt bleiben und Beziehungen verantwortlich gestaltet werden. Vergessen und Verdrängen läßt oft nur Blumen am Rande erblühen, die dann niemand will. Die mecklenburgische Grenzstadt Ribnitz und die pommersche Grenzstadt Damgarten sind eine Verwaltungseinheit geworden. Die Paßbrücke verbindet beide Städte, diesseits und jenseits des alten Grenzflusses, der Recknitz. Axel Attula

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