Schiffszimmermann August Voss

Reisebericht Peter Voss

Meine Seereise

Von Peter Voss

 

Am 13. April 1901 fuhren mein Vater und ich von zu Hause fort, um unsere erste Seereise mit dem englischen Schiff „Australia“ anzutreten.

Morgens um 8 Uhr fuhren wir von Ribnitz ab und gelangten nachmittags um 5 Uhr in Hamburg an. Um 8 Uhr abends fuhren wir mit dem Dampfer „Gemma“ nach Antwerpen weiter. Als ich am nächsten Morgen erwachte, fühlte ich mich sehr schlecht, denn ich hatte die Seekrankheit. ...Am nächsten Morgen begaben wir uns an Bord der „Australia“. Am 27. April gingen wir von Antwerpen nach San Francisco in See. Wir hatten guten Wind und passierten am 25. Mai den Äquator, wo wir 5 Jungen getauft wurden. Wir wurden tüchtig mit Teer und Fett eingeseift und dann tüchtig mit Wasser begossen.

Am 2. Juli passierten wir Cap Horn und gelangten nach einer Reise von 126 Tagen wohlbehalten in San Francisco an.

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Am 18. Juli 1902 passierte uns ein schwerer Unglücksfall, uns fiel ein Matrose von der Bramrah über Bord. Es war vormittags um 9 ½ Uhr, als der Unglücksfall erfolgte, wir waren mit dem Abschlagen des Bramsegels beschäftigt, welches vorher gerissen war. Der Unglückliche hatte einen Törn mit dem Reffbändsel um seine Hand, auf einmal blies der Wind in das Segel und riss den Unglücklichen über die Rah, sofort wurden ihm Rettungsgürtel nachgeworfen, aber zu spät, wenn man von einer solchen Höhe herunterfällt, ist man wohl meistens gleich tot. Es wurde auch noch ein Rettungsboot ausgesetzt, aber zu spät, die Wellen hatten ihn schon verschlungen. Der Unglückliche war 42 Jahre und in Dublin (Irland) geboren, er war nicht verheiratet.

Vom 13. bis zum 15. August hatten wir einen Orkan zu bestehen, in der

Nacht vom 13. bis 14. hatte er seine höchste Höhe erreicht, Sturzseen brachen über Deck, das Deck war voll Wasser. Dann auf einmal ein donnerähnliches Flattern, das Vor-Untermastsegel flog in Stücke, es konnte dem Wind nicht widerstehen und gleich danach flog auch das

Kreuz-Untermastsegel in Stücke, es war eine schreckliche Nacht!

Endlich, am 20. August 1902, erreichten wir wohlbehalten Kapstadt, aber es waren da mehrere Schiffsunglücksfälle vorgekommen in derselben Nacht. Als wir das Unwetter hatten, lief die englische Viermastbark „Highfield“ in den Hafen ein, trieb dabei gegen den dort vor Anker liegenden deutschen Dampfer „Kaiser“ und sank in 2 Minuten. Von der 30-Mann- Besatzung retteten sich drei, dem „Kaiser“ wurden beide Anker weggerissen, erhielt aber weiter keinen Schaden.

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Am Montag, dem 1. Sept. 02, hatten wir einen schweren Sturm aus SO zu bestehen, wir hatten zwei Anker ausgebracht, es wehte über ganz Süd-Afrika schwerer Sturm. In Port Elisabeth (de Lagoa-Bai) sind 14 Schiffe auf Strand getrieben, darunter 4 oder 5 deutsche Schiffe; auch in der Algoa-Bai sind verschiedene Unglücksfälle vorgekommen.

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Von Kapstadt nach New York!

Am 15. Nov. 02 gingen wir von Kapstadt (in Ballast) nach New York in See.

Wir hatten guten Wind und passierten schon nach 10 Tagen am 25. Nov.

St. Helena, jene Felseninsel, wo Napoleon I. von den Engländern hin verbannt wurde.

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Am 11. Dez. passierten wir den Äquator. Am 17. Dez. starb ein Matrose, es war ein Russe, 22 Jahre alt, am 18. wurde seine Leiche seemännisch beerdigt. –

Das liebe Weihnachtsfest feierten wir auf See.  Am 5. Januar 1903 abends 11 ½ Uhr kamen wir glücklich in New York an.

Reisedauer 51 Tage –

 

New York nach Shanghai

Am 6. Febr. 1903 verließen wir New York, um mit einer Ladung Petroleum nach Shanghai zu segeln. Die ersten beiden Tage hatten wir gutes Wetter, aber am 9. Febr. fing es an zu wehen, es wurden alle Segel eingenommen, bloß die drei Untermastsegel und die Fock nicht. 

In der Nacht vom 9. zum 10. Febr. 1903 brachen große Sturzseen die Brücke entzwei,

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Am 26. März 1903 passierte uns ein Unglücksfall. Es war stürmisches Wetter, es war vormittags 9 ¾ Uhr, die Leute waren mit dem Setzen der Kreuzstangen-Stagsegel beschäftigt, als eine große Sturzsee an Deck kam und den Matrosen Hansen über Bord waschte, an eine Rettung war nicht zu denken, das Schiff lief 11 ½ Meilen. Der Unglückliche war 44 Jahre und gehörte nach Kristiansand in Norwegen.

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Am 27. April nachmittags um 3 Uhr bekamen wir die Christmas Insel in Sicht.

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Die Insel sieht sehr bewaldet aus.

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Aber es ist hier doch nicht so schön wie in der Heimat, denn es ist hier heiß, in unserem Log waren 35 Grad... Es herrscht Totenstille, schwitzen tut man, als wenn man ins Wasser gefallen ist, es herrscht hier eine fürchterliche Hitze. Am 3. Mai war es Totenstille, morgens um 8 Uhr gingen wir vor Anker, um 11 Uhr fingen wir einen Hai, nämlich einer von unseren Leuten hatte seine Angel ausgeworfen und wollte Fische angeln. Da auf einmal fühlte er einen Ruck. Er holte auf und zu seinem Erstaunen sah er, dass es ein Haifisch war. Nun ließ er ihn erst müde zappeln, dann wurde ihm ein Pfahlsteck übergeworfen und dann an Deck geholt. Am Nachmittag um 2 ½ Uhr kam leichte Brise, dann lichteten wir unseren Anker, aber diese Brise sollte nicht lange dauern, denn um 5 ½ Uhr wurde es schon wieder still,

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lagen wir dann die Nacht vor Anker und am Morgen kamen schon Malayen mit ihren Booten, in welchen sie Kokosnüsse, Tiere, Affen, kleine Vögel und Muscheln hatten, für die sie sich Kleidungsstücke eintauschten. Diese Boote sind aus einem ausgehöhlten Baumstamm. Ich habe auch etwas gekauft, 1 großen Strohhut, 50 Bananen, 2 Kokosnüsse und 2 kleine Vögel.

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Am 8. Mai 1903 bekamen wir die Bangka- und Billiton-Insel in Sicht, welche durch die Karimata-Strasse verbunden sind. Durch diese mussten wir durch. Am Abend bekamen wir den Wind von vorn und es wurde auch noch still, infolgedessen warfen wir Anker. Als wir vor Anker lagen, sahen wir einige Seeschlangen. Diese Seeschlangen sehen gelblich aus und waren ungefähr einen Meter lang. Auch fließt hier viel Bimsstein. Ich habe mir auch ein Stück aufgefischt, es ist ungefähr so groß wie eine Faust.

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Order für Singapur. Am 19. Mai 03 sahen wir die Anambas-Inseln Kurs NNW, segeln bei dem Winde. Am 23. morgens um 10 Uhr bekamen wir wiederum einen Dampfer in Sicht, der uns ungeheuer schneller näher kam und zu unserem Erstaunen sahen wir, dass es ein englisches Kriegsschiff war, das Schiff hatte zwei Gefechtsmasten und 4 Schornsteine. Das Schiff lief ungefähr 15 Knoten

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Der 4. Juni 1903 – mein Geburtstag – wird mir stets in Erinnerung bleiben, denn wir hatten einen mächtigen Sturm zu bestehen. Um 5 ½ Uhr morgens fing es an zu wehen, so dass alle Segel eingenommen werden mussten, bis auf die 3 Untermastsegel. Um 6 Uhr brach das Vor-Bramstag. Klüver und Vorstangen-Stag-Segel rissen beim Einnehmen in Stücke und so ebenfalls das Großobermastsegel. Das Vorobermastsegel löste sich und der Wind riss es in Stücke, die Fock verfing sich gleichfalls, aber wir bekamen sie noch wieder fest. Furchtbare Seen kamen an Deck. Von 12 Uhr bis nachmittags um 4 Uhr hatte er seine höchste Höhe erreicht. Das Schiff lag soweit nach Backbord über, dass die ganze Verschanzung unter Wasser war.

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Dies war der stärkste Sturm, den ich bis jetzt mitgemacht habe.

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Am Mittwoch, dem 10. Juni, fingen wir einen Haifisch, er war ungefähr 7 Fuß lang.

Endlich, am 21. Juni 1903, kamen wir glücklich in Shanghai an.

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Reise von Shanghai nach Portland

Am 22. Juli 03 traten wir unsere Reise in Ballast nach Portland an. Die ersten Tage hatten wir stürmisches Wetter und den Wind von vorn. Am 31. Juli 03 war hoher Seegang und in derselben Nacht ging der Ballast in der großen Luke von Steuerbord über. Die ganze Mannschaft musste Tag und Nacht arbeiten, denn es war die Gefahr da, dass, wenn der andere Ballast überginge, das Schiff kentern würde. Wir alle arbeiteten wie die Pferde, denn es galt ja unser eigenes Leben.

Am 4. August 03 passierten wir die südlichen Inseln von Japan.

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Am 24. August erfolgte wiederum ein trauriger Unglücksfall. Ein Matrose war damit beschäftigt, einen Schottsmann an einer Pardun anzubringen, aber auf einmal riss der ……, auf dem er stand und der Unglückliche stürzte herunter auf die Reeling und von da über Bord. Sofort wurde ein Rettungsboot ausgesetzt und mit 5 Matrosen und dem 1. Steuermann bemannt, aber vergebens. Wäre derselbe nicht auf die Reeling gefallen, vielleicht hätten wir ihn dann gerettet, denn er war ein guter Schwimmer. Das Unglück passierte vormittags um 9 ¾ Uhr. Der Matrose war ein Amerikaner, er war 28 Jahre alt.

Heute, den 7. Sept. 1903 glücklich angekommen.

Reisedauer 47 Tage.

 

Reise von Portland nach Kapstadt

Am 22. Okt. 1903 vormittags um 10 ½ Uhr lichteten wir unseren Anker in Astoria, um mit einer Ladung Weizen nach Kapstadt zu segeln. ... Am 21. Okt. 1903 passierte uns wieder ein Unglück. Ein Matrose wollte einen Clak am Anker haken und fiel dabei über Bord. Sofort wurde ein Boot von der „Harvest Queen“ ausgesetzt, denn so hieß der Dampfer, der uns schleppte, auch wurden ihm 2 Rettungsgürtel nachgeworfen. Einen bekamen wir wieder, er wurde von dem Mann im Boot aufgefischt. Der Unglückliche war ein Amerikaner und ungefähr 23 Jahre alt. Das Unglück passierte im Columbia River, ungefähr 15 Seemeilen von Astoria.

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Das Schiff lief in dieser Zeit im Durchschnitt 11 Meilen. Am 13. Nov. war es totenstill.

Am 16. Nov. sichteten wir eine Viermastbark, welche denselben Weg steuerte wie wir. Am 19. Nov. passierten wir den Äquator.

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Von hier bis Cap Horn hatten wir schlechtes Wetter. Am 16. Dez. 03 passierte wieder ein Unglücksfall. Ein Mann wurde von einer See gegen den Poller geworfen und brach sich den Unterschenkel

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Endlich am 18. Dez. bekamen wir besseres Wetter. An demselben Tag passierten wir Cap Horn.

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Weihnachten befanden wir uns auf 46 Grad SBr, 43 Grad OL. Neujahr auf 38 ½ Grad SBr, 12 ½ WL. Weihnachten hatten wir dichten Nebel und steife Brise von NO. Am 10. Jan. 04 abends bekamen wir Land in Sicht und am 11. Jan. kamen wir glücklich in Kapstadt an.

Reisedauer 80 Tage.

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Reise von Kapstadt nach Port Adelaide

Am 13. Febr. 04 gingen wir in See.

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Am 4. März schiffte der Wind uns nach West, stürmisch mit Regen. Am 6. März hatten wir einen schweren Sturm zu bestehen. Fock wurde auch festgemacht, der Klüwer und das Besam- Stagsegel rissen in Stücke. Das Schiff rollte heftig in der hohen See. Am 7. März war es wieder totenstill. Am 12. und 13. März ging der Wind langsam um. Am 14. März wehte eine steife Brise und es war regnerisch, 11 Knoten Fahrt.  Am Morgen des 16. März sichteten wir eine Viermastbark, welche ein Signal aufgehisst hatte.

Wir konnten es aber nicht ausmachen und so hielten wir auf das Schiff zu und sahen, dass es ein Notsignal war, nämlich das Schiff war zu kurz an Proviant. Als wir nun nahe genug zusammengekommen waren,

... dann wurde von dem anderen Schiff ein Lotsenboot ausgesetzt und mit dem zweiten Steuermann und 4 Matrosen bemannt und fuhren bei uns an Bord. Von den Aussagen des 2. Steuermanns erfuhren wir dann, dass das Schiff von Port Elisabeth kam, nach Adelaide bestimmt war und schon 55 Tage in See war. Nachdem unser Capt. dem 2. Steuermann 2 Sack Weizen, 2 Sack Hartbrot und einen kleinen Sack voll Bohnen gegeben hatte, fuhr er wieder ab und wir wünschten ihm eine glückliche Reise.

Es ist das größte russische Segelschiff, heißt „Finnja“, 3900 RT, also noch 1900 T größer als unser Schiff, gehört nach Ramö in Finnland. Wir segelten aber viel besser als jenes Schiff, denn schon am Mittag war es unseren Augen entschwunden. Am 17. März waren wir noch 400 Meilen vom Lande entfernt. Den 21. März nachmittags um 5 Uhr bekamen wir die Känguru-Insel in Sicht und am 22. März abends um 9 Uhr 1904 kamen wir glücklich in Port Adelaide an. Am 23. März nachmittags um 5 Uhr bekamen wir unsere Order nach Melbourne. Abends um 11 Uhr gingen wir in See. Endlich am 2. April nachmittags um 8 Uhr bekamen wir guten Wind. Bis jetzt sind wir noch 200 Meilen vom Lande entfernt. Endlich am 4. April kamen wir glücklich an, wir bekamen unsere Order nach Geelong.

Reisedauer bis Port Adelaide 37 Tage, von Port Adelaide bis Geelong

12 Tage.

 

Reise von Geelong nach Queenstown

Am 3. Mai 1904 morgens um 3 Uhr hieven wir unsern Anker auf, um mit einer Ladung Weizen unsere Heimreise nach Europa anzutreten. Beim Hinaussegeln rannten wir noch eine das Fahrwasser angehende Laterne über. Am ersten Tag hatten wir nicht viel Wind, doch schon am nächsten Tag bekamen wir starke NW-Brise, sodass wir schon das Vorobermastsegel einnehmen mussten.

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Am 12. Mai ... nachmittags gegen 2 ½ Uhr kam eine große Sturzsee an Deck und zerschmetterte unsere beiden Boote, das Steuerbordboot wurde auf das Backbordboot heraufgeworfen, wobei dasselbe vollständig zerschmettert wurde, auch wurde die Fock …. eingeschlagen.

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Heute, den 15. Juni, haben wir zum ersten Mal ein trockenes Deck seitdem wir von Seelong aus sind, 43 Tage in See.

Am 6. Juni passierten wir das Cap Horn, schönes Wetter.

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Am 25. Juni vormittags um 11 Uhr riss das Grossbramsegel in Stücke, steife Brise, alle Bramsegel fest, am 25. Juni alle Segel gesetzt. Wetter unschön, meistens Regen. Am 27. Juni bekamen wir den Südost-Passat ... Am 4. Juli passierten wir den Äquator, Wetter schön, und bekamen den Nord-Ost-Passat. Vormittags um 11 Uhr signalisierten wir mit dem britischen Dampfer „Auldmuir“, Heimathafen Dundee. Vom 20. bis 23. Juli waren wir mit einer Barke zusammen, welche denselben Weg steuerte wie wir.

Am 26. Juli signalisierten wir mit der norwegischen Bark „Carnegie“.

Dieselbe kam von Melbourne und war schon 21 Tage länger in See als wir, sie steuerte denselben Kurs wie wir

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Am Morgen des 31. Juli sahen wir eine Bark, welche den Vor-Brammast verloren hatte ...

Nachmittags gegen 3 ½ Uhr signalisierten wir mit dem englischen Dampfer „Diktator“, Heimathafen Liverpool.

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Vor- und Kreuz-Bramsegel rissen beim Einnehmen in Stücke, gleichfalls der Fliping Tip und der For Royal. Am 4. Aug. abends bekamen wir die irische Küste in Sicht.

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Reisedauer 93 Tage.

 

Orders vor Leith

Schon am 5. August abends bekamen wir unsere Order nach Leith, am

  1. August nachmittags um 4 Uhr gingen wir in See.

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Am 7. Aug. nachts gegen 2 ½ Uhr sahen wir das Leuchtfeuer v. „Bishop Rock“, den westlichen Eingang vom Kanal. Den 9. Aug. vormittags um 9 Uhr passierten wir Dover und am 14. Aug. kamen wir glücklich in Leith an. Am 15. Aug. wurden wir bezahlt. Am 17. Aug. 1904 reisten wir mit dem englischen Dampfer „Vienna“ nach Hamburg. 

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Am 17. Okt. 1904 reiste ich von zu Hause nach London, um an Bord der Viermastbark „Tasmania“ meine Reise als Matrose anzutreten. Am 19. Okt. abends fuhr ich mit der „Portia“ von Hamburg nach London, wo ich am 21. Okt. abends 10 Uhr wohlbehalten ankam.

Der Preis für die Reise war 24 M.  Am 22. Okt. trat ich meinen Dienst auf der „Tasmania“ an. Den 27. Okt. musterte ich als Matrose mit einer Heuer von 60 M an.

 

Reise von London nach Adelaide via Melbourne

Am 1. Nov. 1904 gingen wir von London in See, um mit einer halben Ladung Stückgütern nach Port Adelaide, mit der anderen Hälfte nach Melbourne zu segeln.

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Am 17. Nov. passierten wir - ungefähr 7deutsche Meilen westlich von uns entfernt – Madeira, steife Brise von NO. Am 20. Nov. passierten wir die Insel Palma, eine Insel der Canarischen Gruppe angehörend. Am 24. Nov. signalisierten wir mit einem deutschen Dampfer, welcher auf Heimreise begriffen war. Am 27. Nov. trafen wir wieder einen Dampfer, auch sichteten wir die Cap Verde-Inseln. Wetter unschön, Regen und still. Am 29. Nov. passierten wir 2 deutsche Dampfer. Der eine war auf der Heimreise, der andere auf Ausreise begriffen, wir signalisierten mit dem auf der Heimreise.

Am 4. Dezember herrschte regnerisches Wetter, an diesem Tag habe ich meinen letzten Apfel aufgegessen. Nachts gegen 12 Uhr blieb meine Uhr stehen. Am 9. Dez. passierten wir den Äquator. Am 10. Dez. signalisierten wir mit dem britischen Dampfer „Pakona“, welcher auf der Heimreise begriffen war. Am 8. Dez. bekamen wir den SO-Passat. 38 Tage zum Äquator.

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Am 2. Jan. 1905 schönes Wetter, alle Segel gesetzt. Am 5. Jan. 1905 lagen wir vor den 3 Untermastsegeln, Fock und alle anderen Segel fest.  Am 6. Jan. alle Segel gesetzt. Am 7. Jan. liefen wir vor den 3 Untermastsegeln, alle anderen Segel fest. Sturm von West, Kurs O ½ S bei 8 Knoten Fahrt. Am 8. Jan. alle Segel gesetzt.

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Am 6. Februar 1905 kamen wir wohlbehalten in Port Adelaide an.

Reisedauer  97 Tage.

Schon am 17. Febr. verließen wir Port Adelaide und kamen am 23. Febr.

glücklich in Melbourne an. Reisedauer 5 Tage.

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Reise von Melbourne nach Callao

Am 25. März abends um 11 Uhr lichteten wir unseren Anker, um mit einer Ladung Weizen nach Callao zu segeln.

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Wir hatten schönes Wetter.

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Bis zum 5. April hatten wir immer stürmisches Wetter. Am 6. April bekamen wir den Berg „Wellington“ von New Seeland in Sicht. Am 7. April passierten wir die Cook-Straße, welche zwischen den beiden Inseln von New Seeland liegt. Am 8. April passierten wir den Meridian, hatten somit zwei Sonnabende zu feiern. An diesem Tag nahmen wir alle Segel ein bis auf die 3Untermastsegel und die Fock. Diese Woche hatten wir immer steife Brise

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Heute, Ostern 1905, hatten wir zum ersten Mal ein trockenes Deck, seitdem wir New Seeland passierten und unser Koch bekam eine gute Tracht Prügel. Am 1. Mai bekamen wir zum ersten Mal ein Schiff in Sicht

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In der Nacht vom 2. zum 3. Mai gegen 1 ½ Uhr machten wir die Fock fest und drehten bei, hielten jedoch am nächsten Nachmittag schon wieder ab. Während dieser Zeit rollte das Schiff fürchterlich, große Sturzseen kamen an Deck und zerschmetterten die Focksegel und Kombüsen-Tür. Es war ein schreckliches Wetter, begleitet von Hagel und Regenböen, bis jetzt das schlechteste Wetter, was ich mit diesem Schiff hatte.

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Vom 7. bis zum 14. Mai hatten wir den Wind direkt von vorne. Am 11. Mai passierten wir an Steuerbordseite die Inseln St. Felice und St. Ambrose. Am 13. Mai sahen wir eine Viermastbark, am 14. Mai ein Vollschiff. Endlich am 24. Mai 1905 kamen wir hier wohlbehalten an.

Reisedauer 59 Tage.

 

Reise von Callao nach Salta

Am 21. Juli 1905 morgens gegen 4 Uhr lichteten wir Anker, um in Ballast nach Salta zu segeln. Wetter schön bei 6 Knoten Fahrt.

Am 16. August kamen wir glücklich in Salta an.

Reisedauer 26 Tage.

 

Reise von Salta nach Gibraltar

Am 29. Sept. 1905 nachmittags gegen 5 Uhr gingen wir von Salta in See, um mit einer Ladung Salpeter unsere Heimreise nach Europa anzutreten. Vom 5. – 7. Okt. hatten wir die zu Chile gehörenden Inseln St. Felix und St. Ambrose in Sicht.

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Vom 29. Okt. bis zum 1. Nov. hatten wir wieder stürmisches Wetter. Am 29. Okt. nachmittags gegen 4 Uhr drehten wir bei, schwere Böen mit Schnee und Hagelschauern.  Abends gegen 6 ½ Uhr zerriss das Voruntermastsegel.

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Am 4. Dez. passierten wir den Äquator.

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Auf der Reise von ... nach Hamburg 60 Tage in See. Am 21. Dez. war der Nord-Ost-Passat zu Ende. Das liebe Weihnachtsfest feierten wir auf 26 Grad NB, 26 Grad WL. Wetter unschön, steife Brise von SW mit Regen und hohe Dünung von SW.

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Die ganze Woche von Weihnachten bis Neujahr hatten wir miserables Wetter, steife Brise und viel Regen, Schiff rollte fürchterlich.

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 Am Morgen des 3. Januar 1906 bekamen wir die spanische Küste in Sicht und nachmittags gegen 5 Uhr ankerten wir glücklich in der Bai von Gibraltar.

Reisedauer 96 Tage.

 

Reise von Gibraltar nach Venedig

Den 4. Januar 1906 nachmittags bekamen wir Order nach Venedig, abends gegen 5 ½ Uhr gingen wir in See.

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 Am 11. Und 13. Jan. hatten wir die Insel Sardinien in Sicht. Wetter schön, Wind totenstill.

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Am 23. Jan. passierten wir das Cap Leuca, die südöstliche Spitze Italiens. Gleichzeitig hatten wir an Steuerbord die türkische Küste in Sicht.

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Seit dem 23. Jan. haben wir den Wind direkt von vorne.

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Am 6. Febr. 1906 abends gegen 9 Uhr warfen wir Anker unter der Westküste Istriens und warteten auf einen Lotsen.

Derselbe kam am nächsten Morgen. Am 8. Febr. abends 11 ½ Uhr lichteten wir Anker und kamen am 9. Febr. nachmittags in Venedig an.

Reisedauer 36 Tage.

 

(Gekürzt)

Interview eines fiktiven Lokalreporters mit Schiffszimmermann August Voss, geb. um 1844

Reporter: Herr Voss, Sie haben als Seemann alle Meere befahren!

Voss: Das ist wohl so! Es gibt außer der Arktis keinen Kontinent, auf dem ich nicht gewesen wäre und kein Meer, das ich nicht befahren hätte. Und alles noch auf den guten alten Segelschiffen. Aber eigentlich war ich ja Schiffszimmermann und kein Matrose.

Reporter: Das wollte ich immer schon mal wissen: Welche Aufgabe hat eigentlich so ein Schiffszimmermann. Ich habe mir darunter immer eher einen Werftarbeiter vorgestellt.

Voss: Dass ein Schiffszimmermann, der sich nach vielen Jahren Seefahrt zur Ruhe setzen wollte, noch Anstellung auf einer der Werften fand, konnte schon vorkommen. Aber normalerweise gehört der Schiffszimmermann auch auf ein Schiff.

Reporter: Und wie muss ich mir seinen Aufgabenbereich vorstellen? Was gibt es auf einem Schiff während der Fahrt zu zimmern?

Voss: Stellen Sie sich ein hölzernes Segelschiff vor, das in einen schweren Sturm gerät. Von Wellen und Wind erbarmungslos hin und her geschüttelt blieben manchmal nur der Schiffsrumpf und ein paar abgebrochene Masten übrig. Wenn es ganz schlimm kam, war sogar das Ruder gebrochen. Nur die Arbeit der Schiffszimmerleute konnte jetzt das Schiff noch retten. Ohne Takelage und Ruder wäre es manövrierunfähig dem Untergang geweiht gewesen.

Reporter: Also waren Sie auf dem Schiff ein wichtiger Mann.

Voss: Zumindest nach einem heftigen Sturm. Für diesen Fall hatte ich auch Sorge zu tragen, dass immer genug Material an Bord war. Ein paar Ersatzmasten musste man immer mitführen.

Reporter: Und wenn die Überfahrt ruhig verlief?

Voss:  Kleinere Reparaturen lagen immer an, da war schon genug zu tun. Und wenn Not am Mann war, musste der Zimmermann schon mal mit in die Wanten klettern. Aber es blieb auf einer langen Überfahrt Mußezeit. Und die wurde auch dazu genutzt Erinnerungsstücke herzustellen.

Reporter: So etwas wie Ihre „Australia“, die hinter dem Gitter steht.

Voss: Ja, die „Australia“ war schon ein schönes Schiff. Deshalb habe ich sie auch nachgebaut. Auf diesem Schiff habe ich 1901 gemeinsam mit meinem Sohn Peter angeheuert. Er war erst 15 Jahre und dies war seine erste Fahrt.

Reporter: … die ihn so beeindruckte, dass er Tagebuch schrieb.

Voss: Genau. Ich würde mich an das alles gar nicht mehr erinnern, wenn er es nicht aufgeschrieben hätte. Das Schiffsmodell und Peters Tagebuch wurden in unserer Familie sehr in Ehren gehalten. 2011 schenkte meine Urenkelin alles dem Deutschen Bernsteinmuseum. Eine großartige Idee.

Reporter: Das finde ich auch. Vielen Dank an Sie und an Ihre Urenkelin!